Zum 01.01.2022 trat die neue Fassung der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) in Kraft. Die Änderungen betreffen insbesondere die Hundezucht sowie die Erziehung und Ausbildung von Hunden.
Das Wichtigste in Kürze
- Hunde mit Qualzuchtmerkmalen oder tierschutzwidrigen Amputationen (Kupierungen) unterliegen von nun an dem Ausstellungsverbot
- Die Anwendung von Stachelhalsbändern und sonstiger schmerzhafter Mittel sind bei Erziehung, Ausbildung und Training verboten
- Gewerbsmäßige Züchter dürfen nicht mehr als drei Hündinnen mit Welpen gleichzeitig betreuen
- Welpen bis zu einem Alter von zwanzig Wochen sind mindestens vier Stunden pro Tag mit ihrer Betreuungsperson zu gewähren
- Hunde dürfen nicht in Anbindehaltung gehalten werden
Ausstellungsverbot für Qualzuchten
Laut § 10 der aktuellen Tierschutz-Hundeverordnung ist es verboten, Hunde auszustellen, bei denen Körperteile tierschutzwidrig amputiert worden sind. Hiermit sind insbesondere die medizinisch nicht veranlassten Kupierungen von Ohren und Rute bei Dobermann und Co. gemeint.
Zudem dürften Hunde nicht mehr ausgestellt werden, bei denen „erblich bedingt
a) Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten,
b) mit Leiden verbundene Verhaltensstörungen auftreten,
c) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
d) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.“
Die Regelung dürfte insbesondere auch beliebte Rassen wie z.B. die Französische Bulldogge und den Mops betreffen, die aufgrund der kurzgezüchteten Nasen oftmals unter massiven Atembeschwerden leiden (sogenannte brachyzephale Rassen). Die Regelung soll insbesondere den Anreiz nehmen, die entsprechenden Rassen weiter zu züchten und außerdem die Nachfrage verringern. Problematisch hierbei ist jedoch, dass sich die Formulierung der Regelung im weitesten Sinne mit der des Tierschutzgesetzes deckt, nach dem die Zucht an sich eigentlich bereits verboten wäre, vgl. § 11b TSchG:
„(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse (…) erwarten lassen, dass als Folge der Zucht (…)
1. bei der Nachzucht (…) oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten oder
2. bei den Nachkommen
a) mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten,
b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
c) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.“
Die Regelung ist äußerst offen und schwammig formuliert. Da es leider bis heute an konkreten Vorgaben fehlt, was als Qualzucht gelten soll, findet eine Verfolgung trotz Verbot deshalb praktisch nicht statt. Die Regelung zum Ausstellungsverbot leidet unter demselben Problem.
Hinzu kommt, dass der Großteil der Hunde dieser häufig von Problemen betroffenen Rassen heute nicht mehr von Züchtern in den VDH-Mitgliedsvereinen stammen, deren Tiere auf den Ausstellungen zur Schau gestellt werden. In den entsprechenden Zuchtbüchern werden nur wenige Hundert Welpen pro Jahr eingetragen. Bei der Rasse Mops waren es 2017 insgesamt 428 Welpen, bei den Französischen Bulldoggen wurden 237 Welpen geboren. Welpen der Rasse Englische Bulldogge kamen nur 9 zur Welt.
Die Mehrzahl der Hundewelpen gerade solcher Rassen gelangt aus unkontrollierter Zucht, oftmals aus Ost- und Südeuropa über den Welpenhandel zu den Käufern in Deutschland. Eine Erhebung der Tierregistrierung Tasso aus dem Jahr 2013 verdeutlicht das: Dort wurden beim Mops knapp 4.000, bei der Französischen Bulldogge ca. 7.500 und bei der Englischen Bulldogge annähernd 700 registriert.
Insoweit setzt die neue Tierschutz-Hundeverordnung zwar ein Zeichen, wird bestehende Missstände in Punkto Qualzuchten jedoch kaum beseitigen können.
Vor dem Hintergrund dieser Probleme fordert der Deutsche Tierschutzbund schon seit Langem eine rechtlich verbindliche Verordnung, die klar definiert, wann eine Qualzucht vorliegt. Nicht nur die Zucht, sondern auch die Haltung und der Verkauf von Qualzuchten soll laut Tierschutzbund außerdem verboten werden.
Verbot der Anwendung von schmerzhaften Mitteln bei der Ausbildung
Eine weitere Regelung der neuen Tierschutzhundeverordnung bezieht sich auf die Erziehung und Ausbildung von Hunden. Die Verordnung verbietet es, „bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden“, vgl. § 2 Abs. 5 TierSchHuV. Nur eine gewaltfreie Erziehung sei zeitgemäß, heißt es zur Begründung.
Die Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen, sorgt aber für Unklarheit, insbesondere im Polizeihundeeinsatz.
Bei den Schutzhunden der Polizei werden oftmals sogenannte Zughalsbänder eingesetzt. Bei der Ausbildung der Hunde dienen sie dazu, die Tiere darauf zu trainieren, den Biss zu lösen, wenn sie einen Verdächtigen gefasst haben. Die Zughalsbänder können den Tieren kurzzeitig die Luft abschnüren, um den Angriff sofort zu unterbrechen.
Nach Erlass der neuen Tierschutz-Hundeverordnung wurden die Schutzhunde der Berliner Polizei daher sogar vorübergehend aus dem Dienst genommen. Kurzfristig folgte jedoch eine Erklärung der Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD): Die Verschärfungen der Tierschutz-Hundeverordnung beträfen nur Ausbildung, Erziehung und Training, nicht jedoch den Einsatz. Die 49 ausgebildeten Schutzhunde in Berlin werden daher mittlerweile wieder eingesetzt, inklusive Zughalsband.
Die Brandenburger Polizei sah im Gegensatz zur Polizei in Berlin von Anfang an keinen Grund für derlei Vorgehen. Die Tierschutz-Hundeverordnung treffe für die Diensthunde der Polizei Brandenburg nicht zu, teilte man zur Begründung mit. Zudem würde ausgebildetes Personal stets nur die mildeste Trainingsmethode wählen. Im Zweifelsfall könne dies eben auch das besagte Zughalsband sein. Das zuständige Innenministerium hat kurzerhand per Erlass angeordnet, dass das Tierschutz-Hundeverordnung nicht für die Diensthunde der Polizei anzuwenden sei.
Tatsächlich ist von Einsätzen der Hunde in der Verordnung nicht die Rede. Möglicherweise hatte man hier tatsächlich vor allem private Hundehalter im Blick. Obwohl die mit der Bestimmung einhergehenden Unklarheiten bereits im letzten Jahr bekannt waren und auch diskutiert wurden, etwa von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), kam es hier jedoch nicht zu einer abschließenden Klärung.
Auch bei der Bundespolizei ist von einem Klärungsbedarf die Rede. Insbesondere sollen durch die zuständigen Ministerien ausdrückliche Ausnahmeregelungen besprochen werden.
Der Deutsche Tierschutzbund lehnte hingegen jegliche Ausnahmeregelungen ab und erklärte: „Tierschutzwidrig bleibt tierschutzwidrig.“ Eine tierschutzkonforme Ausbildung sei heutzutage möglich und zumutbar.
Maximal drei Würfe gleichzeitig
Auch bezüglich der gewerbsmäßigen Zucht gibt es Änderungen. So regelt § 3 Abs. 4 TierSchHuV, dass eine Betreuungsperson nur maximal drei Hündinnen mit Welpen gleichzeitig betreuen darf. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Versorgung und Verpflegung beim Züchter jederzeit gewährleistet ist. Ab wann eine gewerbsmäßige Zucht überhaupt vorliegt, ist für den jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Hier haben sich u.a. Anhaltspunkte herausgebildet wie die Haltung von mehr als drei Zuchthündinnen oder die Aufzucht von mehr als drei Würfe pro Jahr.
Mindestens vier Stunden Betreuung pro Tag für Welpen
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 TierSchHuV muss einem Hund mehrmals täglich in ausreichender Dauer Umgang mit seiner Betreuungsperson gewährt werden. Welpen bis zu einem Alter von zwanzig Wochen müssen gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 TierSchHuV sogar mindestens vier Stunden pro Tag Zeit mit ihrer Betreuungsperson verbringen dürfen. Dies gilt sowohl für den Züchter als auch für den neuen Halter, der den Welpen in der Regel mit einem Alter von 8-11 Wochen erwirbt! Der häufige Kontakt soll die psychische Entwicklung und Sozialisierung der Welpen optimal fördern.
Verbot der Anbindehaltung
Gemäß § 7 TierSchHuV dürfen Hunde schließlich grundsätzlich nicht mehr angebunden gehalten werden.
Eine Ausnahme gilt nach Absatz 2 aber für die Anbindehaltung eines Hundes „bei Begleitung einer Betreuungsperson während der Tätigkeiten, für die der Hund ausgebildet wurde oder wird, wenn
1. die Anbindung mindestens drei Meter lang und gegen ein Aufdrehen gesichert ist,
2. das Anbindematerial von geringem Eigengewicht und so beschaffen ist, dass sich der Hund nicht verletzen kann, sowie
3. breite, nicht einschneidende Brustgeschirre oder Halsbänder verwendet werden, die so beschaffen sind, dass sie sich nicht zuziehen und nicht zu Verletzungen führen können.“
Fazit zur neuen Tierschutz-Hundeverordnung
Der Erlass einer neuen Tierschutz-Hundeverordnung, die den Schutz der Hunde fortan verbessern soll, ist grundsätzlich überaus begrüßenswert. Die Regelungen werfen jedoch auch Unklarheiten und Fragen auf. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Regelungen zu den sogenannten Qualzuchten sowie jene zur Ausbildung und Erziehung von Hunden. Dass mit der neuen Tierschutz-Hundeverordnung eine wesentliche Verbesserung in Sachen Tierwohl einhergeht, wäre zwar sehr wünschenswert, scheint aber zumindest fraglich.